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05.05.2025

DS-GVO-Schadensersatz: Kontrollverlust über Personalakte als ersatzfähiger Schaden

Überlässt eine Bundesbehörde Personalakten an Landesbeamte, so kann bereits darin ein Kontrollverlust über personenbezogene Daten liegen, was zu einem immateriellen Schaden im Sinne des Artikels 82 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) führen kann. Auf ein entsprechendes Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) weist die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hin.

Geklagt hatte laut BRAK eine Bundesbeamtin, die seit 1995 bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover tätig ist. Entgegen datenschutzrechtlicher Vorgaben wurde ihre Personalakte bis 2019 nicht von Bediensteten des Bundes, sondern von Angestellten des Landes Niedersachsen geführt. Trotz mehrfacher Beanstandungen durch die Beamtin änderte sich zunächst nichts. Erst nachdem der Bundesbeauftragte für den Datenschutz die Unzulässigkeit der Praxis bestätigt hatte, beendete die Bundesrepublik die Bearbeitung der Personalakten durch Landespersonal.

Nachdem die Beamtin mit ihrer Klage auf immateriellen Schadensersatz nach Artikel 82 DS-GVO in erster und zweiter Instanz erfolglos geblieben war, wandte sie sich im Wege der Revision an den BGH. Dieser gab der Beamtin nun recht und stellte fest, dass ihr ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß Artikel 82 Absatz 1 DS-GVO zusteht, wie die BRAK berichtet.

Der BGH habe zunächst bestätigt, dass die Verarbeitung der Personalakte durch Landesbedienstete einen Verstoß gegen die DS-GVO darstellt. Damit sei insbesondere Artikel 5 Absatz 1 lit. a sowie Artikel 28 DS-GVO verletzt. Denn die Praxis sei nicht durch § 111a Bundesbeamtengesetz a.F. in Verbindung mit § 26 Bundesdatenschutzgesetz in Verbindung mit Artikel 88 DS-GVO erlaubt gewesen. Die Bundesrepublik selbst hatte nach Angaben der BRAK im Verfahren die Rechtswidrigkeit dieser Praxis eingeräumt.

Anders als das Berufungsgericht zuvor verlange der BGH auch keine konkrete Persönlichkeitsrechtsverletzung oder eine besonders schwerwiegende Beeinträchtigung, um einen immateriellen Schaden nach Artikel 82 DS-GVO dazulegen. Seit dessen Grundlagenurteil vom 18.11.2024 (VI ZR 10/24) sei zudem klar, dass bereits der Kontrollverlust über personenbezogene Daten ausreicht, um einen solchen immateriellen Schadensersatzanspruch zu begründen, erläutert die BRAK.

Nun hätten die Karlsruher Richter diese Rechtsprechung auf den aktuellen Fall übertragen: Auch die vorübergehende Überlassung der Personalakte an Landesbeamte als unberechtigte Dritte sei als immaterieller Schaden anzuerkennen. Der Sachverhalt gelte auch dann als objektiver Kontrollverlust, wenn die betroffenen Daten nicht veröffentlicht wurden und die bearbeitenden Personen zur Verschwiegenheit verpflichtet waren. Diese Verpflichtung sei allenfalls bei der Bemessung des Schadensersatzes nach § 287 Zivilprozessordnung relevant, nicht jedoch bei der Frage nach dem "Ob" des Anspruchs.

Bundesrechtsanwaltskammer, PM vom 02.05.2025 zu Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.02.2025, VI ZR 365/22