Zurück

16.03.2023

Existenz der Bundesrepublik geleugnet: Beamter aus Dienst entfernt

Ein Beamter, der im Sinne der Reichsbürgerideologie die rechtliche Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnet und Verschwörungstheorien verbreitet, muss mit seiner Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechnen. Dies zeigt der Fall eines niedersächsischen Kriminalhauptkommissars, der jetzt erfolglos gegen seine Amtsenthebung vorgegangen ist. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen entschied, er habe ein schweres Dienstvergehen begangen, das den Ausspruch der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme rechtfertig.

Der Kriminalhauptkommissar habe durch Leugnen der rechtlichen Existenz der Bundesrepublik im Sinne der so genannten Reichsbürgerideologie schuldhaft gegen seine Verfassungstreuepflicht verstoßen. So habe der 59-Jährige die Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises beantragt und dabei als Geburtsstaat "Preußen" angegeben. Nachdem er den Ausweis über seine deutsche Staatsangehörigkeit erhalten hatte, habe er seinen Personalausweis mit dem Hinweis abgegeben, diesen nicht mehr zu benötigen. Zudem habe er den Behörden mitgeteilt, bei dem erhaltenen Staatsangehörigkeitsausweis fehle der Hinweis auf "§ 4 Abs. 1 (Ru)StaG, Stand: 1913" als die aus seiner Sicht maßgebliche gesetzliche Grundlage. Mit diesem "reichsbürgertypischen" Verhalten habe der Beamte im Rechtsverkehr gegenüber staatlichen Behörden objektiv zum Ausdruck gebracht, vom Fortbestehen des Staates/Königreichs Preußen auszugehen. Er habe damit die Existenz und die Legitimation der Bundesrepublik in Abrede gestellt, wie dies gemeinsames Charakteristikum des Personenkreises der "Reichsbürger" sei.

Zudem habe er während seiner Freizeit in öffentlichen Redebeiträgen und gegenüber Bekannten, aber auch während des Dienstes gegenüber Kollegen und Bürgern, Verschwörungstheorien verbreitet. So habe er etwa darüber berichtet, dass es eine Oberschicht von Reichen und Schönen gebe, die aus dem Blut von Kindern ein "Junggebliebenelixier" gewönnen, dass es getarnte Militäraktionen auf deutschem Boden oder "geheime Bunker" gebe, in denen Migranten "ausgebildet" würden, um "irgendwann gegen das deutsche Volk aufzubegehren", und dass die Corona-Impfungen dem Implantieren von Chips dienten, damit der Multimilliardär Bill Gates die totale Kontrolle über die Weltbevölkerung erlangen könne.

Durch dieses Verhalten habe er schuldhaft gegen seine beamtenrechtliche Pflicht verstoßen, dass sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die sein Beruf erfordern, so das OVG. Die betreffenden Meinungsäußerungen verließen in ihrem jeweiligen Kontext den Bereich sachlicher Kritik und damit die Grenze dessen, was im Interesse eines störungsfreien Dienstbetriebs noch hingenommen werden kann. Dies gelte gleichermaßen für seine in öffentlichen Redebeiträgen geäußerten Ansichten wie beispielsweise, dass staatliches Handeln im Zusammenhang mit Corona-Maßnahmen mit dem Handeln während des NS-Regimes gleichzusetzen sei, dass sich Polizisten wie "gekaufte Söldner" verhalten hätten, dass es in der Bundesrepublik Deutschland keine Demokratie und keinen Rechtsstaat mehr gebe, sowie dass Wahlen und Gerichtsentscheidungen "wunschgemäß verändert" würden. In dieser Verunglimpfung staatlicher Institutionen und Organe sei eine weitere schuldhafte Verletzung seiner beamtenrechtlichen Wohlverhaltenspflicht zu sehen, betont das OVG.

Das von dem Kriminalhauptkommissar begangene einheitliche Dienstvergehen wiege schwer und rechtfertige seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Er habe wiederholt seine Kernpflichten als Beamter verletzt, indem er sich aktiv gegen die verfassungsmäßige Ordnung im Sinne des Grundgesetzes gewandt habe, zu deren Wahrung und Verteidigung er sich als Beamter gerade verpflichtet habe. Hinzu komme, dass er als Kriminalbeamter gegenüber der Öffentlichkeit in besonders augenfälliger Weise die Staatsgewalt repräsentiert, seine Äußerungen im Rahmen öffentlicher Auftritte gerade darauf angelegt gewesen sind, einen hohen Verbreitungsgrad zu erlangen und er dabei seine dienstliche Position als Kriminalbeamter betont hat, um seinen Behauptungen ein stärkeres Gewicht zu verleihen.

Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Urteil vom 14.03.2023, 3 LD 7/22, rechtskräftig